DESIGN 07 – Über Design und die Mitte

Design als Summe der Techniken, welche die Erscheinungsformen unserer materiellen und visuellen Kultur bestimmen, ist eng mit der gesellschaftlichen Entwicklung verknüpft. Die Auseinandersetzung mit Design muss sich daher mit kulturellen, sozialen, ökonomischen und ästhetischen Aspekten befassen.

DESIGN 07 – DIE MITTE widmet sich einerseits der Mitte eben dieser Gesellschaft, dem imaginierten Durchschnittskonsumenten von Design. In den 1950er Jahren galt diese Mitte noch als einheitlich und progressiv – jeder konnte an einem Mindestmaß von Wohlstand und Konsumkultur partizipieren, die populärsten Gebrauchsgüter dieser Zeit wurden oft zu Design-Ikonen. Heute wird vom „Verlust des Mittelstands“ gesprochen: Nicht nur ist unter neoliberalen Bedingungen die Teilhabe der Mitte am Wohlstand nicht mehr so selbstverständlich, die Mitte als Ort des Konsums – und das ist sie wohl auch heute noch – scheint auch immer schwerer fassbar: Die Individualisierung von Lebensmustern und Lifestyles lassen ihr Profil zunehmend verwischen. Wie soll und kann Produktgestaltung für die Mitte heute aussehen?

Auch in der Gebrauchsgüterindustrie spricht man vom Verschwinden der Mitte, zunehmende Konzentration und ein Rückgang an kleinen und mittleren Produzenten lässt den Eindruck entstehen, dass es zwischen Luxussegment und Discounter kaum noch etwas gibt. Ist die Zeit der Auswahl aus unterschiedlichen Designs in solider Qualität zu erschwinglichen Preisen endgültig vorbei? Und sind neue Konsumformen – wie Online-Shoppen über Ebay – nicht schon eine Reaktion darauf? Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die Designwelt, auf Ausbildung, Berufsbilder, Erfolgskriterien? Wie denkt sie darüber und wie reagiert sie?

Auch darüber hinaus will DESIGN 07 den Begriff der Mitte assoziativ ausloten, enthält er doch ganz unterschiedliche und scheinbar gegenläufige Bedeutungsgehalte: Zum einen ruft er Assoziationen an das Mittelmäßige und irgendwie Gestrige hervor, an alles, was nicht cutting-edge, Avantgarde, oder trendy ist – alles Begriffe, welche die Designrezeption immer noch substanziell prägen. Aber wäre nicht auch eine Mitte des Maßvollen zu identifizieren, die sich diesen Kriterien bewusst entzieht und ihr Interesse auf Alltagstauglichkeit, Gebrauch und Nachhaltigkeit lenkt?

Eine weitere Auslegung der Mitte ist die des Harmonischen und Ausgewogenen: die sprichwörtliche „goldene Mitte“, die jene Stimmigkeit aufweist, die man als Gestalter erst einmal erwischen muss. Ist etwa, wenn man sich die Kanonbildung im Design ansieht, das, was man jenseits von Trends „zeitloses Design“ nennt, in diese Richtung zu interpretieren? Was für Kriterien bewirken so eine kollektiv empfundene Stimmigkeit im Design?

Diesen und weiteren Fragestellungen im Spannungsfeld von Design und der Mitte wird am 8. und 9. Oktober nachgegangen wobei stets eine Rückbindung der Diskussion an gegenwärtige Designtheorie- und Praxis anvisiert wird.

DESIGN 07 – Idee und Format

Die Konferenz lädt ein sich Zeit zu nehmen, um die vielfältigen Bezugspunkte von Design und der Mitte genauer zu untersuchen und innerhalb eines intensiven Programms ein vertieftes Verständnis zu entwickeln. Trotzdem versteht sie sich als Veranstaltung der Annäherung an Themen, an deren Ende keine Patentrezepte und definitiven Antworten stehen. Die Konferenzbesucher setzen zudem ihre Schwerpunkte selbst, so erlebt jeder Besucher die Konferenz individuell.

Die Dialoge über die Mitte und Design richten sich an ein Designfachpublikum ebenso wie an die interessierte Öffentlichkeit. Die Auswahl der Speaker garantiert eine Diskussion des Themas auf einer breiten, vielfältigen und angewandten Ebene – von hochspezialisierten Einblicken bis zum großen Überblick. Die gleichzeitige Einbindung von Unternehmern, Fachleuten aus Museen sowie Lehrenden illustriert die Verschränkung der Zugänge. Das Programm soll ein klares Bekenntnis zu Design als Kulturfaktor sein, was die so genannten „kreativen Bereiche“ Kunst und Design ebenso einschließt wie Unternehmertum und Wirtschaft, unterstreicht vielmehr deren Untrennbarkeit.

Ausgehend von Design als angewandter Kunst suchen wir nach einer ebenso kreativen und angewandten Form der Designvermittlung. Design hat an sich den Vorteil einer sehr unmittelbaren Sprache, nämlich über seine Produkte, es sollte für den Benutzer, den Konsumenten, lesbar und dekodierbar sein. Die Frage war nun, wie man Unmittelbarkeit innerhalb einer Design-Konferenz verwirklichen kann, und die Idee, Vorträge durch Dialoge zu ersetzen schien ein richtiger Schritt in diese Richtung zu sein. Vor allem die Berührungspunkte der sonst oft getrennten Bereiche von Design-Praxis und Design-Theorie sollen in der Dialogform intensiviert werden.

Die Konferenztage haben eine matrixartige Struktur. Der parallele Ablauf der Gesprächsrunden in drei verschieden Räumen bietet den Konferenzbesuchern eine Vielfalt an Möglichkeiten, sich ihren eigenen Konferenzverlauf auszuwählen. Die Besucher sind herausgefordert, sich für eine eigene Strategie und Dramaturgie zu entscheiden.

Plakat Design 07